_Konvergenz der Medien und Fragmentierung der Märkte
Referat Lesefassung September 2006 (Studiendaten und Tabellen/Diagramme beim Autoren)
Konvergenz
der Medien und Fragmentierung der Märkte
Max
Müller
Die
Telekommunikationsbranche war schon immer von einer schnell voranschreitenden
Entwicklung geprägt. Das Schlagwort der Neunzigerjahre „Multimedia“ (zur
Erinnerung sei die NZZ zitiert, die hoffentlich der Konvergenz nicht so bald zum
Opfer fällt: vor 10 Jahren plädierte dort ein M. Müller für die
"baldige Nutzung" von Multimedia, ein d.weber nervte sich über
"Bastlerradios" im Internet und D. Rosenthal problematisierte das
"raubkopieren" als aktiven Vorgang) findet jedoch erst heute richtig
Einzug in unsere Gesellschaft, in einer Zeit, in der sich das Internet
aneignet, die Medienwelt zu revolutionieren. Dank des technischen Fortschritts
verschmelzen bekannte und neue Medien zu einem einzigen, stetig wachsendem
Universum, das dem User Benutzerfreundlichkeit, Vielfalt, Partizipations- und
Gestaltungsmöglichkeiten bietet (Konvergenz - Divergenz). Durch das
beeinflusste Sozial- und Medienleben verändert sich das Konsumentenverhalten,
was auch wirtschaftliche Konsequenzen mit sich bringt.
Vor
fünfzehn Jahren begann die Phase der Kommerzialisierung des Internets, vor elf
Jahren veröffentlichte Microsoft den ersten Internet Explorer. Heute gehören
das Vorhandensein und die Nutzung eines Internetanschlusses im Haushalt zur
(beinahe) alltäglichen Selbstverständlichkeit (Stagnation ca. 70%?
Stratifikation/Wissenskluft). Eine schnelle Marktdurchdringung in Kombination
mit starkem Konkurrenzkampf führt zu tieferen Kosten sowie einer höheren
Leistung, im Falle des Internets: einer grösseren Bandbreite. Dadurch lassen
sich nun nicht mehr nur Text und Bilddateien, sondern auch Audio, Video und
Software weltweit schnell verbreiten. Die technologische Realität hat die
Vision überholt. Was früher Utopie war, kann heute dank der hoch entwickelten
Infrastruktur verwirklicht werden, wird aber von den meisten
Telekommunikationsanbietern und Produzenten medialer Inhalte noch stiefmütterlich
behandelt. Viele Wettbewerbskräfte sind von dieser rasanten Entwicklung überfordert.
Ein rechtzeitiges, progressives Umdenken und Anpassen der Geschäftsmodelle ist
in diesem dynamischen Umfeld jedoch überlebenswichtig.
Mediales
Konsumverhalten: Unterschiedliche Nutzungsarten der Konsumenten
Dass
sich die Veränderungen der Telekommunikation auch auf das Konsumentenverhalten
auswirken, ist unumstritten. Vollkommen neue Dienste und Angebote gewinnen
kontinuierlich die Aufmerksamkeit breiter Kundensegmente. Dabei wird die
Definition dieser Zielgruppen mit zunehmend differenzierterem Angebot immer
schwieriger. Der Konsument kann aus einem immer grösser werdenden Topf
dasjenige Konsumbündel raussuchen, das seinen individuellen Präferenzen am
besten entspricht. Diese sind wiederum nicht fix durch einen bestimmten
Wertetypen definiert, sondern können von Situation zu Situation variieren. Der
Verbraucher wird zum hybriden Konsumenten, dem ein bipolares Verhalten zu Grunde
liegt. Folglich wird das Verbraucherverhalten und die Akzeptanz neuer medialer
Angebote immer schwieriger zu kalkulieren.
Um
dieser Hybridität der Nachfrage gerecht zu werden und somit wettbewerbsfähig
zu bleiben, müssen die Anbieter ihr Programm entwickeln und/oder
diversifizieren. Bestehende Märkte wachsen zusammen, neue sollen erschlossen
werden. Dies birgt natürlich gewisse Risiken. Die Ursache dieser Ungewissheit
der Entscheidungen ist ironischer Weise die Industrie selbst. Die Veränderungen
in der Informations- und Kommunikationstechnologie ermöglichten eine
schnellere, effizientere Kommunikation. Die Beeinflussung der Konsumenten durch
permanente Aufnahme von anderen Meinungen, Einstellungen und Überzeugungen führte
zu einer Komplexitätssteigerung des Verhaltens.
Allgemein
lassen sich drei verschiedene Nutzungstypen des Medienkonsums (und diverse
Kombinationen von Typen) unterscheiden:
Der
Passive: Das klassische, bis heute wohl noch weitverbreiteste (und durch
Forschung sichtbar gemachtes) Mediennutzungsverhalten ist durch eine passive und
reaktive Konsumption gekennzeichnet. Bestes Beispiel ist hierfür das
konventionelle Fernsehen. Der Nutzer geht selektiv mit den Inhalten um,
konsumiert diese jedoch ohne sie in irgendeiner Form beeinflussen zu können. Er
wählt aus dem im Zeitfenster gebotenen Angebot aus, ohne nach Alternativen zu
suchen.
Der
Interaktive: Der Nutzer interagiert mit den Inhalten oder anderen Konsumenten.
Er sucht gezielt nach den Programmen, die seinen Präferenzen am besten
entsprechen. Durch seine Partizipation in Form von Diskussionen (z.B. Anrufe im
Radio/Fernsehen oder Forenbeiträge im Internet), Votings, Bewertungen,
Quizteilnahme usw. wird er Teil des Mediengeschehens. Durch Interaktion werden
die Inhalte beeinflusst und dem nun besser messbaren Geschmack des Publikums
angepasst.
Der
Kreative: Der private Nutzer produziert selber Inhalte, die von anderen
konsumiert werden. Er gestaltet somit das mediale Angebot aktiv mit und kann so
zur Konkurrenz von kommerziell ausgerichteten Unternehmen werden. Die selbständige
Produktion von Inhalten wird durch die technische Entwicklung, die gesteigerte
Benutzerfreundlichkeit und die fortschreitende Standardisierung auch für
private Autoren mit kleinem Budget zunehmend attraktiver. Das Internet ist hierfür
der ideale Distributionskanal.
Auch
hier gilt, dass der einzelne Konsument nicht zwangsläufig einem Nutzungstyp
unterlegen ist, sondern auch bis zu alle drei in sich vereint haben kann und sie
je nach aktuellem Bedürfnis auslebt.
Fernsehkonsum
im Wandel
Dem
aktuellen Medienkonsum durch Fernsehen liegt ein zeitlich starrer Programmablauf
zugrunde. Einerseits ist er geprägt durch das zufällige Finden und Verweilen,
dem Zappen. Je limitierter und unflexibler das Zeitbudget ist, desto stärker
ist der Zuschauer inhaltlich eingeschränkt. Andererseits hat der Nutzer das Bedürfnis,
einen bestimmten Inhalt zu konsumieren, der seinen Präferenzen am besten
entspricht. Wer sein Lieblingsprogramm nicht verpassen möchte, muss heute
planvoll und zeitlich flexibel sein, da die Inhalte nur innerhalb des starren
Programmschemas zur Verfügung stehen. Beide Formen des Fernsehkonsums engen den
Zuschauer ein, Fernsehen wird zunehmend unattraktiver. Während die Anbieter die
Kontrolle wahren wollen, wünschen sich die Nachfrager mehr Zeitsouveränität
und Selektivität. Neue Technologien, die am Anfang ihres Lebenszyklus stehen,
jedoch schnell massentauglich wären, erfüllen diese Wünsche und zeigen die zu
erwartende künftige Entwicklung des Fernsehens auf.
Das
Fernsehen der Zukunft verspricht ein deutlich umfangreicheres, vielseitigeres
Angebot. Fragmentierte Formate, Funktionalitäten und Zielgruppen erschweren die
Navigation durch den Programmdschungel. Der Fernsehkonsument benötigt eine
Orientierungshilfe. Ein Elektronischer Programmführer (EPG) bietet diese in
Form einer intelligenten Planungsmöglichkeit (eine Art Vorschau auf das
kommende Programm, mit Hintergrundinfos und Bewertungen) und einer vereinfachten
Suche nach gewünschten Themen und Inhalten. EPGs haben ein grosses
Substitutionspotenzial gegenüber klassischen Programmzeitschriften und sind
derzeit als netzbasierte Version oder eingebunden in eine Hardware (z.B.
digitaler Videorekorder) auf dem Markt.
Zeitversetztes Fernsehen (Time-Shifting) ist eine der wichtigsten Funktionen von digitalen Videorekordern (oder auch Personal Viderecorder/PVR). Eine Sendung kann parallel während des Konsums aufgenommen werden und jederzeit gestoppt oder gestartet werden. Der für die Fernsehkonsumenten wichtigste Punkt ist jedoch die Möglichkeit zum manuellen oder automatischen Überspringen der Werbung (Ad-Skipping). Verschiedene Studien haben das Bedrohungspotenzial dieser Werbevermeidung analysiert und kommen meist zum eindeutigen Schluss: je länger die Zuschauer einen digitalen Videorekorder besitzen, desto häufiger setzen sie diese Möglichkeiten ein. Eine hohe Bereitschaft zum Ad-Skipping ist eindeutig nachweisbar, was sich in einem grossen Marktpotential für digitale Videorekorder widerspiegelt. Dies wird negative Konsequenzen für die klassische Finanzierung von privatem Fernsehen durch Werbung haben.
Grosses
Interesse auf Seiten der Konsumenten besteht auch bei den TV/Video on
Demand-Angeboten, da sie das höchste Mass an zeitlicher Souveränität und
inhaltlicher Selektivität bieten. Konsumenten sind heute schon bereit,
Alternativen zum starren TV-Programm in Form von Videotheken, Pay-TV und Kauf
von DVDs zu nutzen und dafür auch zu bezahlen. Die Idee einer
massgeschneiderten Programmzusammenstellung existiert schon lange, bis vor
kurzem war sie jedoch dank den hohen Kosten der technischen Realisierung
für den Normalverbraucher unattraktiv.
Weit
weniger Interesse besteht für das Medium Handy-TV. Zwar hat die Mehrheit der
Konsumenten davon Kenntnis, doch stellen sich viele die Sinn- und Nutzenfrage
des Mobilfernsehens. Die Determinante „Mobilität“ stellt im Fernsehmarkt
alleine keinen empfundenen Mehrwert dar. Nur bei der jüngsten Zielgruppe bis
ca. 20 Jahren scheint das Konzept einigermassen attraktiv. Der Grund hierfür
ist weniger die Inhalte oder die Vorzüge des Mediums selbst, sonder vielmehr
die Rolle des Handys als Statussymbol innerhalb der Gruppe.
Das
Internet als Substitut und Komplement
Das
Internet hat sich als Alternative für den Medienkonsum unterschiedlichster Art
etabliert: zuerst wurden die Printmedien durch frei zugängliche Newsportale
konkurriert, darauf folgte das Radio, das heute durch unzählige
Web-Radiostationen dem Nutzer ein gigantisches Angebot bietet. Diese Entwicklung
schreitet weiter voran und macht auch vor dem Fernsehen keinen Halt: schon heute
substituiert das Internet den TV-Konsum in einem marktrelevanten Ausmass. Die
Vorteile des Internets liegen auf der Hand: eine konkurrenzlose Aktualität,
Selektivität und Zeitsouveränität verleiten immer mehr Nutzer zum
Medienwechsel.
Nicht
nur die vollständige Substitution, sondern auch eine umfangreiche Ergänzung
zum bestehenden Medienangebot durch das Internet ist möglich. Beim
Cross-medialen Konsum werden zwei Medien simultan genutzt. Z.B. verfolgt der
User einen aus dem Fernsehen oder Radio genannten Link im Internet, lädt sich
Hintergrundinformationen zu einem laufenden Programm runter, oder sieht sich
eine Sendung im Fernsehen an, auf die er durch eine Werbung im Internet
aufmerksam wurde. Welches Medium dabei die Rolle des Primär- und welches die
des Sekundärmediums einnimmt, entscheidet der User. Generell konkurrieren sich
hier das Fernsehen und das Internet. Dabei gibt es signifikante Unterschiede
zwischen den Altersegmenten, welches Medium bei einer vollständigen Konvergenz
als führendes Medium gewählt würde. Während bei Zielgruppen im höheren
Alterssegment nach wie vor das Fernsehen die grössere Aufmerksamkeit geniesst,
wurde es bei den jüngeren Konsumenten bereits als führendes Medium abgelöst.
Das passive Nutzungsparadigma des traditionellen Fernsehens eignet sich eben
auch zur gleichzeitigen (inter-)aktiven Nutzung des WorldWideWebs. Das Fernsehen
wird zunehmend vom Internet zum Nebenmedium verdrängt, was ein irreversibler
Prozess darstellt, da die eingeübte Mediennutzung der jüngeren Konsumenten
auch das weitere Verhalten in der Zukunft prägt. Der Effekt der rückläufigen
TV-Nutzung zugunsten des Internets wird gegenwärtig
von TV-Anbietern allerdings als wenig kritisch dargestellt, da die
Gesamtnutzungszeit des Fernsehens immer noch zunimmt. Ein vorschnelles Urteil.
Einerseits wird dem Fernsehen durch die gleichzeitige Nutzung des Internets
weniger Aufmerksamkeit geschenkt (was sich wiederum negativ auf die Effizienz
der Werbung auswirken wird) und anderseits wird sich der Substitutionseffekt stärker
bemerkbar machen, wenn sich das Wachstum des TV-Konsums verlangsamen sollte.
Damit das Fernsehen als Unterhaltungs-, Informations- und Werbeplattform
attraktiv bleibt müssen sich TV-Anbieter und Werbeindustrie synchron zueinander
wandeln. Jeder Kanal muss sich auf seine spezifischen Stärken konzentrieren,
die Produktion sowie die Programmplanung müssen sich entwickeln und
differenzieren. Dadurch wird sich das Inhalteportfolio spürbar verschieben.
Allgemein stehen die Chancen des Fernsehens besser, den Konsumenten durch ein
emotionales und eventbezogenes Programm anzusprechen, während dem Internet die
Rolle des Informationskanals zukommt.
Sprungbrett
Internet
Die
Produktion und Verbreitung von Informationen war vor dem Durchbruch des
Internets die Tätigkeit von professionellen Medienunternehmen. Dank des
WorldWideWebs sind nun auch private User in der Lage, Inhalte zu produzieren
(User Created Contents) und diese weltweit und kostenlos zu veröffentlichen.
Dabei werden nutzergenerierte Inhalte dank fortgeschrittener Technologie (früher
nur Bild- und Textdateien, heute jedoch auch Audio/Video und interaktive
Umgebungen) und gesteigerter Benutzerfreundlichkeit immer beliebter und
konkurrieren mit kommerziellen Angeboten. Die Unternehmen werden somit immer
mehr Enabler als Produzenten, d.h. sie ermöglichen den Usern die Produktion und
Veröffentlichung eigener Inhalte durch das zur Verfügung stellen einer
Plattform (z.B. Wikipedia, MySpace,
YouTube). Dabei hängt die Qualität und Popularität der Plattform alleine
von den Beiträgen der Nutzer ab. Es ist der Übergang von der passiven zur
kreativen Mediennutzung, wo das Engagement des Konsumenten den Unterschied
zwischen Konsum und Produktion bestimmt. Der Konsument hat in seiner Bedürfnishierarchie
auf der Stufe der Selbstverwirklichung erreicht und will sich selbst und sein
soziales Umfeld präsentieren.
Das
Internet wandelt sich vom reinen Informationskanal zur multimedialen
Erlebniswelten, an denen sich der User gestalterisch beteiligen kann. Dabei gibt
es unterschiedliche Möglichkeiten zur persönlichen Webpräsenz. Neben dem
bereits schon fast traditionellen Erstellen einer eigenen Homepage gibt es neue
Technologien, deren Nutzung unglaubliche Wachstumsraten aufweist und die die künftige
Entwicklung aufzeigen.
Podcasting
war das Wort des Jahres 2005 in Grossbritannien. Darunter versteht man das
Produzieren und Anbieten von Medieninhalten in einem Newsfeed
über das Internet. Ein einzelner Podcast ist somit eine Serie von Medienbeiträgen
(Episoden), die meistens in Form von Audiodateien vorliegen. Diese
Audio-Contents können kostenlos heruntergeladen werden und benötigen zur
Produktion nicht mehr als ein Mikrophon und einen digitalen Recorder. Die
Marktpenetration ist beachtlich: Im März 2006 gab Forrester Research Institut
eine Studie bekannt, dass bereits 2 Prozent aller befragten Internet-Nutzer in
Europa in den letzten 3 Monaten Podcasting nutzten. Nach nur ca. zwei Jahren
nach der Erfindung des Mediums wird es heute von Amateuren und professionellen
Anbietern gleichermassen genutzt.
Videocasting
folgt im Grossen und Ganzen dem gleichen Prinzip wie Podcasting – nur das hier
Videodateien zum Download oder Stream angeboten werden. Amateurarbeiten wie der
Fanfilm Star Wars – Revelations
oder Elephants Dream im März 2006
setzten neue Professionalitätsgrade in der privaten Filmproduktion. Es lässt
sich davon ausgehen, dass die Nutzung des Videocasting, nach Vorbild des
Podcasting sowohl von Anbieter- wie auch Nachfragerseite in Zukunft immens
zunehmen wird. Auch Plattformen zur Veröffentlichung der User Created Contents
befinden sich im Boom. Die Website www.youtube.com
hat den Slogan „broadcast yourself“, der treffender nicht sein könnte. Auf
der Plattform kann der User seine Videos veröffentlichen und aus einer unüberschaubaren
Anzahl Videoclips anderer User sein persönliches Programm zusammenstellen. Täglich
werden 65'000 neue Videos hochgeladen und 100 Millionen Clips angesehen. YouTube
ist seit seiner Gründung im Februar 2005 schnell zum führenden Videoportal im
Internet aufgestiegen. Derzeit geht man von einem Marktanteil von etwa 47
Prozent aus.
Online
Gaming: Computerspiele sind schon lange keine Freizeitbeschäftigung für sozial
zurückgebliebene Geeks mehr, sondern ein Massenphänomen, und das über alle
Altersgruppen hinweg. Rasant wachsende Anzahl von Usern und Umsätzen locken
immer mehr Player in den jungen Markt. Der Grund für diese Entwicklung ist,
dass Spiele das interaktivstes Medium überhaupt sind. In Online Spielen (z.B. World
of Warcraft oder Second Life, aber
auch die beliebten MP Egoshooters) bewegt sich der User mit Gleichgesinnten
in einer digitalen Parallelwelt, die zwar in ihren Grundzügen von den
Programmierern vorgegeben ist, ihr ganzes Potenzial aber erst durch die
Interaktion mit dem User ausschöpft.
Ein
Generationenkonflikt
Das
schwer zu kalkulierende Verbraucherverhalten ist der häufigste Grund für das
Scheitern von neuen medialen Konzepten. Dabei unterscheiden sich die
Altersgruppen in ihrem Verhalten signifikant. Älterer Konsumenten stehen den
neusten Entwicklungen in der Telekommunikationsbranche kritisch gegenüber. Die
jüngeren Mediennutzer spielen jedoch die zentralere Rolle: Als Early Adopters
neuer technologischer Möglichkeiten sind sie die Trendsetter und haben
entscheidenden Einfluss auf Erfolg oder Misserfolg neuer Medienangebote.
Der
Alterseffekt in der Internetnutzung ist in den verschiedenen Nutzungsarten
unterschiedlich hoch. So lässt sich beim E-Mail Versand oder bei der gezielten
Informationssuche via Internet ein geringer Unterschied feststellen. Die
verschiedenen Altersgrupen bis zu 50 Jahren nutzen diese praktisch gleich oft.
Andere Bereiche werden hingegen von den jüngeren Usern eindeutig öfters
genutzt als von den älteren. Darunter fallen die Verwendung des Internets als
Bezugskanal für digitale Produkte (Software/Bilder/Audio/Video), die Nutzung
des Internets zur Gruppen- und Echtzeitkommunikation (Chats) und das Spielen von
Online Games. In all diesen Kategorien sind die älteren Zielgruppen wesentlich
zurückhaltender als die ganz Jungen bis zu 20 Jahren. Für sie gehört dieses
Medienverhalten zur gelernten Selbstverständlichkeit und wird sich auch in
Zukunft nicht wandeln.
Im
Zusammenhang mit dem Alter muss auch die Diskussion über die Qualität der
Informationen im Internet angesprochen werden. Während junge Konsumenten und
Kosumentinnen sowohl den Inhalten von professionellen wie auch seriös
gestalteter User Created Content-Seiten (z.B. Wikipedia)
vertrauen und diese auch als Quellen nennen, verlassen sich die älteren
Zielgruppen lieber auf ihnen bekannte Offline-Marken. Sie werfen den jüngeren
Usern vor, dass sie das Internet mit einer zu grossen Unbekümmertheit
verwenden. Tatsache ist jedoch, das mehrere Studien die Qualität der
nutzergenerierten Inhalte inzwischen als konkurrenzfähig zu kommerziellen
Produkten ansehen. Gerade die Kontrolle durch unzählige andere User bietet eine
umfassende Qualitätssicherung.
Neue
Geschäftsmodelle und Werbekonzepte
Die
klassischen Formen der Medienfinanzierung verlieren dauerhaft an Attraktivität
für die Werbetreibenden. Einerseits wandern relevante Zielgruppen zu
alternativen Medien ab, andererseits sind mehr und mehr der erreichten
Konsumenten bereit, für Werbevermeidung zu bezahlen. Technologien wie Digitale
Videorekorder oder TV on Demand ermöglichen durch Time-Shifting das gezielte Überspringen
von Werbeblöcken. Vorbei ist also die Zeit der störenden Unterbruchswerbung.
Auch neuere Werbeformen wie SplitScreen, Product Placement und andere Special
Ads, die Werbebotschaften in den Inhalt einbinden, werden den Wandel der Geschäftsmodelle
höchstens verlangsamen, aufzuhalten ist er hingegen nicht.
Doch
es bieten sich auch neue, viel versprechende Konzepte an, wo Werbung von den
Usern akzeptiert wird. Z.B. in Online Spielen, bei denen relevante Kosten (die
monatliche Grundgebühr) durch Werbung reduziert werden könnten, ohne das
interaktive Erlebnis zu unterbrechen. Werbung kann in einer virtuellen Welt
sogar zu einem verstärkten Realitätsgefühl führen, was einen Mehrwert auch für
den User bedeutet. Auch in Elektronischen Programmführern und Video on
Demand-Angeboten lässt sich Werbung einbringen, ohne dass sie den Konsumenten
zwingend stören muss. Werbung wird also nicht grundsätzlich abgelehnt, sie
muss nur geschickt produziert und platziert werden. Ein weiteres sehr
interessantes Konzept der Online Spiele ist der kostenpflichtige Download von
Zubehör- und Erweiterungssoftware, wie z.B. neuen Levels, Fahrzeuge oder Items.
Die Bezahlung erfolgt entweder durch echtes Geld, oder durch Kreditpunkte, die
im Spiel verdient werden. Nicht nur für die Hersteller, sondern auch für die
User, die ihrer erworbenen virtuellen Waren weiterverkaufen, ist dies ein
profitables Geschäftsmodell. Es entsteht ein Handel von Cybergütern gegen
echte Währung.
Neben
dem Angebot von kostenpflichtigen Programmen, ist das zur Verfügung stellen
einer kostenlosen Plattform, so genannten Social-Networks wie z.B. MySpace,
eine weitere Möglichkeit zum Erreichen einer grossen Anzahl von Usern. Hier können
die Konsumenten miteinander kommunizieren und ihre Erfahrungen zu On- und
Off-Topic Themen austauschen. Dies ist nicht nur eine attraktive Werbeplattform
sondern pflegt auch das Image des Unternehmens und führt so zu einer grösseren
Kundenbindung. Allerdings ist hier, wie weiter oben bereits erklärt, die Qualität
der Beiträge der User für die Popularität der Website entscheidend und
entzieht sich somit dem Einflussbereich des Anbieters.
Kanäle
wie Pod- oder Videocasting ermöglichen ein neues Geschäfts- und Lizenzmodell,
dass mit dem Amatuerfilm Elephant’s
dream etabliert wurde: Creative
Commons (http://creativecommons.org/).
Der Inhalt von Filmen, Audio, Software, Texten usw. ist von Dritten ohne
Lizenzkosten kommerziell wiederverwertbar, unter der Voraussetzung, dass die
Autoren genannt werden, z.B. im Abspann. Sogar einzelne Bestandteile des
Inhaltes (wie z.B. Musik oder Texturen) können, im Sinne der Open Source
Software als Open Content in anderen Produktionen wieder verwendet werden. Dies
fördert die Bekanntheit und die Verbreitung der Inhalte ungemein, was wieder
einen positiven Effekt auf die Werbeeffizienz ausübt.
Die
Veränderungsdynamik der Medienwelt erfordert von den Anbietern von Inhalten und
Diensten die Fähigkeit zur Innovation und Transformation. Dies kann durch
Kombinationsangebote zwischen Endgeräten, Diensten und Inhalten erreicht
werden. So ist beispielsweise Handy-TV als Distributionskanal alleine noch nicht
innovativ. Apple’s IPod hingegen
mit einer Kombination aus Endgerät (IPod),
Diensten (ITunes) und Inhalten
(exklusive Downloads auf ITunes)
hingegen schon. Voll im Gange ist der Wettbewerb der Kombinationsangebote, der
in der Schweiz durch die Hauptkonkurrenten Swisscom
und Cablecom bestritten wird. Triple
Play bzw. Quadruple Play-Angebote sind multimediale Konsumbündel, bestehend aus
Internet-, Festnetztelefonie-, Fernsehen- und Mobiltelefoniediensten. Die
dadurch gewonnene Kundenbindung erschliesst Möglichkeit des Upselling und/oder
Cross Selling. Allgemein besteht grosses Interesse bei den Konsumenten nach
Kombinationsangeboten, ihr Informationsstand lässt jedoch noch zu wünschen übrig.
Ein
relevanter Punkt für den Erfolg von zukünftigen Werbekonzepten ist deren
Individualisierung. Ein früher oft genannter Vorteil des Internets für private
User entpuppt sich immer mehr zur Chance für kommerziell agierende Unternehmen:
die Anonymität. Nirgends sind der Kunde und sein Verhalten so beobachtbar wie
im Internet. Daraus ergeben sich völlig neue Möglichkeiten für das Customer
Relationship Marketing. Die identifizierbaren Kunden können durch
individualisierte Botschaften zu einer langfristigen Bindung und einer höheren
Loyalität mit dem Anbieter „gewöhnt“ werden. Online-Shops wie z.B. Amazon
nutzen dieses Prinzip schon lange, in dem sie die Kaufgewohnheiten des einzelnen
Konsumenten analysieren und ihm so weitere Artikel, die seinem Geschmack
entsprechen könnten, präsentieren.
Konsumenten
sind auch bereit, für Inhalte und Dienste zu bezahlen. Die Preissensibilität
ist jedoch hoch, d.h. dass sich zukünftig unterschiedlichste Bezahlungs- und
Finanzierungsmodelle etablieren werden. Ausschlaggebend ist der durch die persönlichen
Präferenzen empfundene Mehrwert. Für die Unternehmen sind zwei Schritte
unabdingbar: erstens eine klare Entscheidung zur Marktpositionierung und
zweitens das Wissen um die erforderlichen Differenzierungsmerkmale. Auf welchem
Kanal sollen die Hersteller welche Inhalte anbieten? Allgemeine Vorteile des
E-Commerce wie tiefe Eintrittsbarrieren, hohe Transparenz, Ortslosigkeit,
Ubiquität der Anbieter und Nachfrager oder das durch die Interaktivität
gesteigerte Commitment des Kunden gelten auch für die Telekommunikationsbranche
und werden deren Entwicklung weiterhin spürbar beeinflussen.
Fazit
Dem
Wunsch der Medien- und Telekommunikationsanbieter nach Kontrollierbarkeit der Märkte
steht zusehends der Wunsch der Konsumenten nach mehr Selbstkontrolle gegenüber.
Die Konvergenz der Medien- und Telekommunikationstechnologien
(Distributionsplattformen, Dienste und Endgeräte) führt zu einer
Fragmentierung der Angebote, des Medienkonsums, der Zielgruppen, der
Nutzungskomplexität und letztlich auch der Geschäftsmodelle. Die
Kommunikations- und Medienbranche ist im Umschwung, und noch kennen wir nicht sämtliche
Sieger und Verlierer.
Literaturverzeichnis
Kaumanns,
R./Neus, A./Pörschmann, F.: Konvergenz
oder Divergenz, IBM Global Business Services, 2006
Kotler,
P./Bliemel, F.: Marketing-Management,
10. Auflage, Stuttgart 2001
Neus,
A./Pörschmann, F./Scherf, P.: Medienstudie
2005, IBM Global Business Services, 2006
NZZ CDROM: 1993-2005 (Jahre 1996 und 1997)
Websites
http://creativecommons.org/
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http://www.youtube.com
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http://www.wikipedia.org
, 8.10.2006
http://de.wikipedia.org/wiki/Youtube
, 8.10.2006
http://de.wikipedia.org/wiki/Myspace
, 8.10.2006
http://www.apple.com/itunes/
, 8.10.2006
http://www.amazon.com
, 8.10.2006
Publikation
Als Text in überarbeiteter Fassung publiziert in: Radiotele. TV on the move. Bern 2006.
Bei
Zitation bitte Quelle angeben:
Müller,
Max (2006).Konvergenz der Medien und Fragmentierung der Märkte. Zürich 2006.
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